Bankenbeben in den USA – deutsche Banken gefährdet?

Als vor einigen Tagen die Silicon Valley Bank in Amerika crashte, sprang der Staat ein, um eine Krise zu beseitigen, die man selbst geschaffen hatte. Inzwischen sind weitere Institute angesteckt. Handelt es sich um einen neuen Lehman-Moment? Welcher Dominostein fällt als nächstes?

Titelbild des Blogposts

Lange Schlangen vor den Bankfilialen.

Kunden, die verzweifelt versuchen, ihr Geld vom Konto abzuheben. Beim ein oder anderen dürften an diesem Wochenende Erinnerungen aus dem Jahr 2008 hochgekommen sein, als das Finanzsystem kurz vor der Kernschmelze stand.

Doch es kam anders. In einer gemeinsamen Aktion haben die amerikanische Notenbank Fed, der Einlagensicherungsfonds FDIC und die US-Regierung ein neues Programm auf die Beine gestellt, über das sich Banken im Zweifel Liquidität besorgen können. War das nun ein Bailout oder nicht?

Egal wie man es bezeichnen will. Die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, dass der Stress im System groß ist. Von einem Lehman-Moment zu sprechen wäre angesichts der Größe der Bank und der generellen Verfassung der Bankenlandschaft verfrüht.

Und diese Woche gleich der nächste Paukenschlag. Die US-Inflationsdaten liegen mit sechs Prozent genau im Rahmen der Erwartungen, was die Bitcoin-Bullen als Anlass zur Fortsetzung der Rallye nehmen.

Man sollte sich dieser Tage durchaus erneut die Frage stellen, ob man seiner Bank traut. In Deutschland gibt es eine Einlagensicherung von 100.000 Euro, in den USA liegt diese bei 250.000 Dollar. Alles, was da drüber ist, ist im Worst Case weg. Darauf habe ich bereits ausführlich in meinen letzten Büchern hingewiesen. Die Geschehnisse rund um die Silicon Valley Bank haben eindrucksvoll bewiesen, dass Risiken bestehen und diese sich sehr schnell entladen können. Deshalb mein Tipp an dieser Stelle: Reagieren Sie, solange Sie können und nicht erst, wenn Sie müssen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Chart der Woche
  3. Geschichte reimt sich
  4. Das Desaster der Silicon Valley Bank
  5. Der Bailout, der keiner ist?
  6. War das der Lehman-Moment?
  7. Fazit
  8. Tweet der Woche

Zum Thema Bankenkrise habe ich auch ein eigenes Video gemacht, in dem ich noch einmal im Detail erkläre, was sich in den letzten Tagen abgespielt hat.

2. Chart der Woche

Quelle: TradingView (Chart wurde aktualisiert)

Achterbahnfahrt bei den Renditen

Was sich in den letzten Tagen an den Märkten abgespielt hat, war zweifelsohne historisch. Die Geschehnisse rund um die Silicon Valley Bank haben der Fed einen klaren Warnschuss gegeben. Die Reaktion der Märkte lässt sich am ehesten am Chart der zweijährigen US-Staatsanleihe verdeutlichen. Hier ist die Rendite binnen weniger Handelstage um mehr als einen Prozent gefallen. Klingt wenig, ist aber eine gewaltige Bewegung. Nur um Ihnen ein Gespür dafür zu geben, wie stark die Kursausschläge der letzten Tage waren: Die zweijährige Anleihe hat am Montag den größten Verfall bei den Renditen seit 1987 gesehen! Aktuell scheint es aber so, als ob die Marktteilnehmer nicht ganz wissen, was sie wollen bzw. wie sie die Situation einordnen sollen. Stand jetzt (14. März 17 Uhr) rechnet der Markt nun mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit (ca. 80 Prozent) mit einem Zinsschritt von 25 Basispunkten. Die enorme Volatilität am Anleihe-Markt machen deutlich, dass wir uns in einer außergewöhnlichen Marktphase befinden. Die nächsten Wochen werden auf jeden Fall entscheidend sein!

3. Geschichte reimt sich

"Chancellor on brink of the second bailout for banks."

Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? So lautete die geheime Botschaft, die Satoshi Nakamoto am 3. Januar 2009 in die erste Bitcoin-Transaktion, den sogenannten Genesis-Block, „eingravierte“.

Es war diese Schlagzeile der britischen Zeitung „The Times“, denn an diesem Wochenende vor 14 Jahren hatte sich abgezeichnet, dass die britische Regierung nochmals Milliarden an Steuergeldern aufwenden würde, um angeschlagene Banken zu retten. Die Great Financial Crisis, die GFC, war im vollen Gange und ganz gemäß nach Friedrich Nietzsche „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären“ erblickte Bitcoin das Licht der Welt.

Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht, sondern reimt sich höchstens. Doch, was sich dieses Wochenende in der amerikanischen Bankenlandschaft abgespielt hat, klingt schon fast nach einer alten Schallplatte.

Aber was ist eigentlich passiert?

4. Das Desaster der Silicon Valley Bank

Die Silicon Valley Bank (SVB) ist keine Mega-Bank wie JP Morgan oder Goldman Sachs, aber immerhin auf Platz 16 der größten Banken der USA. Ende vergangene Woche kam es zu einem „Bank Run“ auf das Institut. Zahlreiche Unternehmen versuchten, ihr Geld zu holen, nachdem Gerüchte kursiert waren, die SVB sei zahlungsunfähig.

Die SVB hat in den vergangenen Jahren vor allem Geld an junge Startups verliehen, eigentlich so ziemlich alles, was gerade hip und woke war: Tinder für Pferde oder ein Dog-AirBnb. Nein, im Ernst, zu den Kunden von SVB gehören eine ganze Menge respektabler und großer Tech-Unternehmen. Auch Vorzeige-Libertär Peter Thiel ist darunter.

Der Kundenstamm war also hochkonzentriert, was sich in diesem Fall desaströs auswirkte. Denn was hatte die Bank mit den Einlagen ihrer Kunden gemacht?

Nun, zunächst einmal das, was alle Banken tun: Sie legte die Gelder in langlaufende, festverzinsliche Wertpapiere an. In diesem Fall handelte es sich um  Mortgage Backed Securities (auch das weckt Erinnerungen an die GFC). Diese waren niedrig verzinst. Durch die Zinswende der FED verloren diese Anlagen an Wert. Dies sollte bei festverzinslichen Wertpapieren eigentlich kein Problem sein, solange man diese bis zum Ende der Laufzeit hält. Da die Silicon Valley Bank aber dringend Geld benötigte, musste man diese Papiere mit einem dicken Minus verkaufen. Im Silicon Valley hielten hunderte Startups über das Wochenende den Atem an.

5. Der Bailout, der kein Bailout ist?

Dann am Montagmorgen die Erlösung: Die amerikanische Regierung garantierte allen Kunden ihre Einlagen. Alles gut also?

Nein, natürlich nicht. Im Prinzip ist das ein Bailout, ohne es als solchen zu bezeichnen. Am ehesten erinnert das an das Vorspiel zur Lehman-Pleite 2008. Denn die erste Bank, die damals in eine Schieflage geriet, war Bear Stearns. Die Bank wurde damals „gerettet“, indem Konkurrent JP Morgan einsprang und das marode Unternehmen übernahm. Als Lehman wackelte, sah sich die Regierung unter Obama einem „Moral Hazard“ gegenüber. Würde man eine weitere Bank mit Steuergeldern retten, wäre die Signalwirkung verheerend. Also entschied man sich, ein Exempel in Form von Lehman zu statuieren und zu hoffen, den Flächenbrand einzudämmen.

Wir werden in den kommenden Tagen sehen, ob der Bankrun auf die Silicon Valley Bank erst der Anfang einer Reihe von Pleiten war, oder ob es der Regierung gelingt, eine Brandmauer zu errichten. Eines aber ist auch klar: Die Ereignisse vom Wochenende waren auch ein Warnschuss in Richtung amerikanische Zentralbank. Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten die stärkste Zinsanhebung überhaupt erlebt. Dass Teile des Finanzsystems mit derart hohen Zinsen nicht überlebensfähig sind, war allen klar. Es drehte sich nur noch um die Frage: Was bricht zuerst?


So sehr wir Bitcoin als Alternative zum traditionellen Bankensystem schätzen: Der gestrige Kursanstieg dürfte eher mit der Erwartung von Zinssenkungen zu tun haben, als mit einer echten „Flucht in Hard Assets“. Die wird kommen, aber noch ist es zu früh, bis wirklich der Großteil der Menschen begriffen hat, dass Geld eben nichts anderes ist als Schuldscheine bei einer Bank. Fällt die Bank, sind auch die Schuldscheine nichts mehr wert. Den allermeisten Menschen ist dies die allermeiste Zeit nicht bewusst. Ein Bank Run, wie wir ihn am Wochenende gesehen haben, führt uns diese Tatsache aber wieder schockartig vor Augen.

Übrigens hatte auch der Stablecoin-Anbieter Circle rund drei Milliarden US-Dollar bei der Silicon Valley Bank deponiert. Der Kurs von USDC (das ist der hauseigene Stablecoin von Circle) brach vorübergehend ein. USDC ist anders als USDT, hinter dem das Unternehmen Tether steckt, zwar mit weniger Unsicherheiten behaftet. Die Vorgänge vom Wochenende aber zeigen, dass man sich wirklich unabhängig nur mit Bitcoin auf einer Cold Wallet machen kann. Die besten Anbieter finden Sie in unserem kostenlosen Bitcoin Handbuch.

Wie also geht es weiter?

Angesichts der immer noch hohen Inflation ist nun tatsächlich das eingetreten, was Kritiker befürchtet und vorausgesagt haben. Die Zentralbanken, allen voran die amerikanische FED, haben sich in eine Sackgasse manövriert: Die Preise verharren auf hohem Niveau, aber den Zentralbanken geht langsam die Munition in Form von Zinsschritten aus (siehe nächster Chart).

Trotz CPI-Daten, die im Rahmen der Erwartungen lagen, steht Powell nun vor einer harten Entscheidung: Bankencrash verhindern und die Inflation laufen lassen oder die Inflation entschieden mit weiteren Zinsanhebungen bekämpfen und einen Bankencrash riskieren.

Während bei den Bitcoin-Bullen indes die Champagner-Korken knallen, weiß der Anleihemarkt nicht so recht, wo es eigentlich hingehen soll. Wir haben eingangs bereits die enormen Schwankungen bei den Renditen der zweijährigen US-Staatsanleihe thematisiert. Der folgende Chart macht dies noch einmal deutlich. Hier sehen Sie anhand der Ausschläge, die tägliche Veränderungsrate in Prozent. Sie erkennen: Eine ähnliche Größenordnung gab es zuletzt während der Weltfinanzkrise, während 9/11 und am Black Monday.

Quelle: The Daily Shot

6. War das der Lehman-Moment?

Apropos Lehman. Berechtigterweise stellen sich nun viele die Frage, ob das, was wir am Wochenende gesehen haben, ein neuer Lehman-Moment war? Klare Antwort vorweg: Nein!

Dazu sollte man sich folgendes vor Augen führen: Im Jahr 2008 waren die Banken deutlich höher gehebelt (siehe Chart unten). Damals hatten die Banken für jeden Dollar an liquiden Mitteln 23 Dollar an Einlagenverbindlichkeiten. Aufgrund der quantitativen Lockerung (QE) und einer Reihe neuer Regulierungen sind die Quoten heute lange nicht mehr so hoch wie damals.

Darüber hinaus kann man noch einen weiteren Unterschied festmachen. Der folgende Chart zeigt, wie viel Cash und Staatsanleihen die Banken im Verhältnis zu ihren gesamten Vermögenswerten halten. Einfach ausgedrückt: Je tiefer die Kurve, desto vulnerabler sind die Banken. Man erkennt, dass dieses Verhältnis heute viel höher ist als damals im Jahr 2008 (hier waren die Banken extrem schlecht ausgestattet).

Während Corona feuerten die Zentralbanken aus allen Rohren. Man überschwemmte die Märkte förmlich mit Liquidität. Gigantische Stimulus-Pakete führten dazu, dass die Banken eine Menge neuer Einlagen erhielten, die natürlich angelegt werden mussten. Das Problem war, dass die Zinsen zu lange, zu niedrig waren. Eine zehnjährige US-Staatsanleihe brachte ungefähr 1,5 Prozent Zinsen. Aufgrund der rapiden Zinsanhebungen im Jahr 2022 haben diese jedoch massiv an Wert verloren (zwischen Anleihen und Zinsen herrscht nämlich eine inverse Beziehung).

Dies wiederum führte zu teils massiven, unrealisierten Verlusten in den Bilanzen vieler Banken. Im Falle der Silicon Valley Bank waren es wie gesagt vorrangig die Mortgage Backed Securities, die große Wertverluste erlitten und die das Management - aus welchen Gründen auch immer - noch nicht einmal gegen höhere Zinsen abgesichert hatte.

Wir gehen also aktuell nicht davon aus, dass die Silicon Valley Bank eine Neuauflage der Lehman-Pleite ist. Viel eher lässt sich SVB mit Bear Sterns vergleichen, also der Bank, die vor Lehman pleitegegangen ist. Von daher: Ruhe bewahren, aber vorbereiten.

Dennoch muss man festhalten, dass die Insolvenz der Silicon Valley Bank durchaus etwas Historisches ist. Immerhin handelt es sich hierbei um die zweitgrößte Bankenpleite aller Zeiten, wohlgemerkt im Retail-Bankensystem (siehe nächste Abbildung). Die Gefahr, dass die Problematik systemisch wird, ist trotz des beherzten Einschreitens der Fed nicht vollends aus dem Weg geräumt. Es bleibt abzuwarten, ob die Krise sich auf andere Sektoren und Banken ausbreiten wird.

7. Fazit

Am Ende wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass man mit einer dauerhaft hohen Inflation leben muss. In diesem Fall wird das passieren, was wir hier schon seit Jahren unseren Lesern vermitteln möchten: Sicher sind nur „hard assets“: Rohstoffe, Gold und dieses aus dem Chaos der letzten Finanzkrise geborene Wunderding namens Bitcoin.

Das ganze Hin und Her, erst kein Bailout wie von Yellen angekündigt, dann doch ein unbegrenzter de facto Bailout, macht deutlich, dass das System nur noch auf dem Papier etwas mit Kapitalismus zu tun hat. Wenn niemand mehr pleite gehen kann, weil es im Notfall die Fed mit ihrer Bazooka gibt, dann gibt es eigentlich keinen Marktmechanismus mehr. All das Gerede, dass der Kapitalismus an allen Missständen dieser Welt Schuld ist, ist daher falsch. In Wahrheit ist es eine Art von Sozialismus, wo Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert werden. Das haben wir in den letzten Stunden und Tagen – traurigerweise muss man sagen – ganz deutlich gesehen.

8. Tweet der Woche

Egal, wie man zu Nassim Taleb stehen mag, mit diesem Tweet trifft er voll ins Schwarze. Am Wochende gab es wieder einige Beispiele, von prominenten Investoren, die sich gern als passionierte Kapitalisten verkaufen und für die das Wort Selbstverantwortung - auf dem Papier zumindest - einen hohen Stellenwert genießt. Doch es hat nur eine strauchelnde Bank gebraucht, und plötzlich waren all diese edlen Ambitionen über Bord geworfen.

Quelle Titelbild: Shutterstock

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